Freitag, 16. Mai 2014

Der kleine Unterschied



Ich bin jetzt seit 3 Monaten hier, also mehr als die Hälfte ist schon rum. Daher habe ich heute über meine Zeit hier in Peru nachgedacht, was ich alles erlebt habe, noch erleben werde und was ich an Deutschland vermisse. Neben dem Offensichtlichen wie meiner Familie und meinen Freunden, gibt es hier natürlich Kleinigkeiten, die einem am Anfang gar nicht so bewusst sind, aber jetzt nach 3 Monaten wird einem klar, was man an Deutschland hat. Angefangen bei Sachen wie dass man kein Toilettenpapier einfach runterspülen kann und nicht in einen Mülleimer werfen muss. Oder dass man bei den meisten Restaurantbesuchen in Deutschland KEINE Toilettenpapierrolle mitnehmen muss, es ist eigentlich selbstverständlich, dass welches vorzufinden ist. Oder dass man nicht einfach aus dem Wasserhahn trinken kann.
Wo wir gerade von Bädern sprechen. Eine heisse Dusche empfinde ich mittlerweile als Luxus. In meinem Apartment habe ich die meiste Zeit zwar warmes Wasser, aber eben nicht immer. In meinen 2 Jahren in Wiesbaden hatte ich nie das Problem, dass auf einmal kein warmes Wasser mehr vorhanden war, oder geschweige denn überhaupt kein Wasser. Hier muss man sich darauf einstellen, dass einfach mal das Wasser abgestellt wird, ohne dass man vorher benachrichtigt wird. In der Woche vor der Semana Santa war unser Wassertank kaputt. Ich bemerkte dies Montag Abends, als es aus der Fassung einer Glühbirne vor meinem Zimmer tropfte (das 2. Mal übrigens). Ich habe dann sofort der Vermieterin Bescheid gesagt, die hat dann mit einem Elektriker telefoniert und erklärt, der Strom und das warme Wasser muss im gesamten Apartment abgestellt werden (es war 7 Uhr abends). Für uns hieß das kein Licht, kein Kühlschrank und auch kein Internet. Am Dienstag wurde uns dann gesagt, dass es warmes Wasser erst wieder am Samstag geben wird, der Rest ging wieder. Glücklicherweise war dass das Wochenende, wo ich Mittwoch Abends eh verreist bin, und erst am Sonnabend wiederkam, also hatte ich nicht so die Probleme (wobei die Dusche während meiner Reise auch nur kalt war - ich sags ja: heiss duschen ist Luxus!).
Was ich außerdem stark vermisse, ist meine Unabhängigkeit. Das mag sich für den ein oder anderen jetzt blöd anhören, aber einfach das Gefühl, überall alleine hingehen zu können wo man will, ist unbezahlbar. Ihr wisst in Wiesbaden habe ich mitten in der Innenstadt gewohnt, und wenn ich abends noch Lust auf etwas hatte oder noch Besorgungen erledigen musste, bin ich einfach aus der Haustür und zum Rewe gelaufen. Hier geht das nicht. In meinem Viertel ist es zwar sicher, und mittlerweile kennt man auch die Security Leute, die einem mindestens 3x über den Weg laufen (innerhalb 10 Minuten) aber alles außerhalb dieses Gebietes ist immer schwierig. Ich weiß die meisten Leute hier machen sich nur Sorgen um mich, aber egal wo ich hingehen will, heißt es immer ich muss aufpassen, ich darf mein Handy & meinen Geldbeutel nicht rausholen, ich muss meine Haare bedecken, ich muss meine Uhr ausziehen etc. Es mag jetzt zwar den Eindruck erwecken, dass ich mich in den düstersten Gegenden von Lima herumtreibe, aber nein. Es sind die Gegenden um meine Uni herum, Miraflores oder das Stadtzentrum. Und ich bin nie alleine. Es ist immer jemand bei mir, zu 90% Peruaner oder Kolumbianer oder Mexikaner, sodass ICH mich eigentlich immer sicher fühle. Aber mir wird ständig das Gefühl vermittelt, dass ich mich nicht sicher fühlen darf.
Letzte Woche habe ich mit ein paar Mädels aus meinem Kurs gesprochen, mit denen ich vorher noch nie geredet habe, und die wollten natürlich wissen, wie ich den Austausch so finde, und warum gerade Peru usw. Am Ende meinte die eine so: ist dir bisher noch nichts passiert? Plop. Als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass einem hier etwas passieren müsse.
Ich vermisse momentan einfach das Gefühl, aus der Haustür zu treten, meine Kopfhörer in die Ohren zu stecken, Musik zu hören, zum Bus zu laufen und sich um nichts kümmern. Hier ist das allerdings nicht möglich. Wenn ich in einem Geschäft bezahle, muss ich jedes Mal mein Geld prüfen, ob es kein Falschgeld ist. Wenn ich über Geld rede, darf ich nicht sagen "Ich habe nur noch 60 Soles (umgerechnet ca. 16€) übrig" sondern muss sagen "Ich habe nur noch 6 Soles übrig", damit die Leute nicht hören, "wieviel" Geld ich habe. Ganz ehrlich? Wegen 16€? Ja!
Auch mit dem Taxi fahren ist immer so eine Sache. Alleine geht schon mal gar nicht, und wenn wir abends unterwegs sind, bestellen wir meisten ein Taxi "Seguro". Wenn dies nicht möglich ist, machen wir immer Bilder von den Nummernschildern und schicken sie an Freunde. Auch das ist jetzt Teil meines Lebens hier. Außerdem muss man die Türen verriegeln und seine Taschen auf den Boden abstellen, sodass nicht jeder von außen gleich sehen kann, was man mit sich trägt (das gilt übrigens nicht nur für Taxis, sondern auch für Autos von Privatpersonen).
Desweiteren sind die Leute alle hier oft furchtbar gereizt und gestresst. Ich muss ja jeden Tag mit den Kombis in die Uni fahren. Bei "normalen" Verkehr, brauche ich 40 Minuten, in der Rush Hour auch mal locker über eine Stunde. Dann steckt man mitten in Lima fest, nichts geht mehr vorwärts oder rückwärts und es wird gehupt wie die bekloppten, als ob sich dadurch der Verkehr auflösen würde. Dann wird auch noch schön der Busfahrer regelmäßig angepöbelt, er soll doch mal hinmachen und weiterfahren. Und ich sitze immer nur mitten drin und denke mir: was bringt das alles?!
Naja... ich denke ich habe jetzt genug gejammert. ^^ Wie schon gesagt, ich bin hier weiterhin sehr glücklich und fühle mich wohl, sind einfach nur so ein paar Sachen, die einem nach und nach auffallen. Ich hoffe, dass ich bald mehr Bilder auf Facebook hochladen, und mehr über meine Reisen nach Mancora und Cuso berichten kann.
Fühlt euch alle ganz doll gedrückt, ich hab euch ganz doll lieb :)

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